Executive Summary
Brillante Strategien scheitern, wenn das Top-Management kein echtes Team bildet. In diesem Blog und der Folge 22 Ihres Corporate Culture Podcasts zeige ich, warum Teambuilding vor jeder Strategiearbeit kommen muss. Drei Kernkompetenzen machen ein Hochleistungsteam aus: psychologische Sicherheit (offen sprechen ohne Angst), geteilte Verletzlichkeit (Fehler zugeben) und gelebter Purpose (ein greifbarer Sinn, täglich spürbar). Praxisbeispiele von Korean Air, Ford und Pixar verdeutlichen die Wirkung, während konkrete Rituale wie Failure-Fridays und After-Action-Reviews den Alltag transformieren. Kurz: Erst ein starkes Führungsteam, dann eine erfolgreiche Strategie und Kulturarbeit.
Einleitung
Eine glänzende Strategie ist verlockend: neue Märkte, digitale Geschäftsmodelle, ambitionierte Umsatzziele. Doch so oft erlebe ich in meiner Beratung, dass selbst die ausgeklügeltste Roadmap im operativen Dickicht stecken bleibt. Warum? Weil es kein echtes Führungsteam gibt, das die Strategie gemeinsam trägt. Wenn Bereichsleiter nebeneinanderher – oder schlimmer: gegeneinander – arbeiten, entstehen Silos, Machtkämpfe und ein Klima des Misstrauens. Das Resultat ist eine Kultur, die Innovation und Verlässlichkeit gleichermaßen blockiert. In diesem Blog zeige ich Ihnen, warum Teambuilding vor jeder Strategiearbeit und nachhaltiger Kulturarbeit kommen muss, welche drei Kernkompetenzen dafür essenziell sind und mit welchen konkreten Ritualen Sie Ihr Leadership‐Team in eine Hochleistungseinheit verwandeln.
1 | Warum Strategie erst nach Team kommt
Im klassischen Transformationsfahrplan setzen viele Unternehmen zuerst auf die inhaltliche Ebene: Vision formulieren, Märkte analysieren, Ziele definieren. Das ist nachvollziehbar – aber es verschiebt die Reihenfolge. Eine schlüssige Strategie kann nur funktionieren, wenn diejenigen, die sie umsetzen sollen, sich vertrauen, offen kommunizieren und miteinander lernen. Ohne psychologische Sicherheit bleibt Kritik unausgesprochen, Risiken werden schöngeredet und kreative Ideen versanden. Stattdessen dominieren Beharrungskräfte: „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Das kann ich meinem Chef nicht vorlegen“. Ein echtes Führungsteam dagegen sorgt dafür, dass Konflikte früh sichtbar werden, dass Informationen fließen und dass alle gemeinsam in eine Richtung ziehen. Erst dann lohnt es sich, Ressourcen in die strategische Feinplanung zu investieren.
2 | Psychologische Sicherheit – das Fundament jedes Teams
Der erste Baustein ist das Konzept der psychologischen Sicherheit, geprägt von Professorin Amy Edmondson. Gemeint ist ein Klima, in dem jeder ohne Angst vor Gesichtsverlust seine Meinung äußern kann. Ein drastisches Negativbeispiel liefert der Absturz von Korean Air Flug 801 (1997). Der Copilot erkannte die Gefahr, wagte aber aus Hierarchiedruck lediglich indirekte Hinweise. Seine „mitigated speech“ reichte nicht, um den Kapitän zum Abbruch des Anflugs zu bewegen – 228 Menschen starben. Erst als Korean Air die Cockpitkultur radikal veränderte (flache Kommunikation, klares Ansprechen von Risiken), wurde die Airline zu einem der sichersten Anbieter weltweit.
Übertragen auf Unternehmen bedeutet psychologische Sicherheit, dass Mitarbeitende, Teamleiter und Abteilungschefs Kritik oder Bedenken offen aussprechen dürfen – auch wenn der CEO im Raum sitzt. Regelmäßige Check‐in‐Runden, in denen jeder kurz seine größte Herausforderung teilt, fördern Transparenz. Entscheidungsmeetings sollten mit der Frage enden: „Welche Einwände sehen wir noch?“ So wird aus bequemer Harmonie echte Klarheit.
3 | Geteilte Verletzlichkeit – Mut zur Schwäche
Sicherheit allein genügt nicht. Hochleistungsteams pflegen eine Kultur der geteilten Verletzlichkeit. Führungskräfte müssen bereit sein, eigene Fehler oder Unsicherheiten öffentlich zuzugeben. Ein prominentes Beispiel ist Alan Mulally, der 2006 als CEO bei Ford antrat. In den wöchentlichen „Business Plan Review“-Meetings forderte er ehrliche Ampelberichte: grün, gelb, rot. Wochenlang präsentierten alle grün – aus Angst. Dann wagte Mark Fields (später Mulallys Nachfolger) als erster ein gelbes Feld. Statt Kritik gab es Applaus: „Danke, dass Sie ein echtes Problem zeigen.“ Dieses Ritual brach die Kette der Beschönigungen. Binnen Monaten wandelte sich das Top‐Team von konkurrierenden Imperialführern zu echten Partnern, die gemeinsam Fords Turnaround stemmten.
Solche Momente entstehen nicht zufällig. Sie brauchen Rituale wie After‐Action‐Reviews, in denen Teams offen besprechen, was schiefgelaufen ist – ohne Schuldzuweisung. Auch Failure‐Fridays oder Fuck‐Up‐Lunches schaffen Räume, in denen Scheitern als Lernchance begriffen wird. Die Führung geht mit gutem Beispiel voran: „Ich habe letzte Woche die Kundenpräsentation überfrachtet – wer hat einen Tipp, wie ich es besser mache?“
4 | Purpose – Sinn stiften und leben
Der dritte Pfeiler ist ein gelebter Purpose: ein greifbarer Sinn, der täglich spürbar ist. Daniel Coyle beschreibt im Culture Code, dass Purpose nicht durch „Mission‐Statements in Marmor“ entsteht, sondern durch kleine, wiederkehrende Signale. Bei Pixar lautet das interne Mantra „Make it better“. In den täglichen Notes‐Meetings sehen alle Mitarbeitende unfertige Szenen, geben offenes Feedback und fragen: „Wie heben wir diese Einstellung auf das nächste Level?“ Ähnlich arbeiten die US Navy SEALs mit dem Leitmotiv „We shoot, move and communicate“ – ein klarer Auftrag, der jede Übung, jede Nachbesprechung strukturiert.
Für Unternehmen heißt das: Formulieren Sie einen kurzen Satz, der beschreibt, welchen Unterschied Sie für Kunden oder Gesellschaft machen. Wiederholen Sie ihn in Townhalls, in All‐Hands‐Mails, in Projekt‐Kickoffs. Hängen Sie Poster auf, aber vor allem: erzählen Sie Geschichten, in denen Mitarbeiter den Purpose verkörpert haben. So wird aus abstrakten Worten ein emotionaler Anker.
5 | Werkzeugkasten für Ihr Führungsteam
Wie setzen Sie diese drei Prinzipien praktisch um?
- Psychologische Sicherheit etablieren: Starten Sie Meetings mit einer Round‐Table‐Frage: „Was beschäftigt dich gerade?“ Halten Sie sich selbst zurück, damit andere sprechen. Reagieren Sie auf Kritik dankbar statt defensiv.
- Verletzlichkeit zeigen: Führen Sie monatliche „Learning Sessions“ ein, in denen Führungskräfte ein eigenes Scheitern präsentieren und die Learnings teilen.
- Purpose signalisieren: Beginnen Sie große Meetings mit einer Minute Purpose-Story. Zum Beispiel: „Letzte Woche hat Team X einen Kunden gerettet, weil …“
- Rollen‐Klarheit schaffen: Definieren Sie eindeutige Verantwortlichkeiten, damit Konflikte nicht im Verborgenen schwelen.
- Blitzschnelle Konfliktklärung: Vereinbaren Sie 24-Stunden‐Regel: Wer ein Problem spürt, spricht es binnen eines Tages an – direkt, nicht über Dritte.
- Gemeinsame Ziele: Verknüpfen Sie Boni nicht nur an individuelle KPIs, sondern an das Gesamtergebnis des Leadership‐Teams. Das fördert kollektive Verantwortung.
6 | Fallstudie: Von Silos zu Synergie
Ein mittelständischer Automationsspezialist stand 2022 vor einer radikalen Marktveränderung. Die neue Strategie verlangte Plattformdenken statt Produktfokus. Das zehnköpfige Führungsteam bestand aus brillanten Einzelkämpfern. In einem Offsite‐Workshop arbeiteten wir zuerst an psychologischer Sicherheit: persönliche Geschichten, Werte, Erwartungsklärung. Anschließend führten wir ein wöchentliches „Traffic‐Light‐Meeting“ nach Ford‐Vorbild ein. Nach drei Monaten berichteten erstmals alle ehrlich – ein Durchbruch. Parallel etablierten wir Pull‐Formate für geteilte Verletzlichkeit: Quartalsweise „Lessons Learned Dinners“. Der Purpose „Automation for a better life“ wurde als Leitmotiv in jedes Projekt integriert. Ergebnis nach einem Jahr: Time-to-Market -20 %, Umsatz +15 %, Mitarbeiterzufriedenheit +1,2 Punkte (Skala 1–5).
Fazit
Strategie ohne Team ist wie ein Ferrari ohne Motor – glänzend, aber unbeweglich. Erst wenn Ihr Führungskreis psychologische Sicherheit bietet, Verletzlichkeit vorlebt und einen klaren Purpose teilt, entsteht die Energie, die jede Transformationsroadmap benötigt. Investieren Sie daher zuerst in die Teamdynamik: mit strukturierten Ritualen, konsequenter Offenheit und beispielhaftem Führungsverhalten. So verwandeln Sie Silos in Synergie und setzen Ihre Strategie mit Rückenwind um.
Mit besten Grüßen,
Ihr Corporate Culture Consultant
Björn Johannsmeier
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