CULTUREExecutive Summary

Ein klarer Kultur-Kompass entscheidet darüber, ob eine Strategie abhebt oder im Alltagsgetöse verpufft. In diesem Artikel stelle ich die sechs Kultur­archetypen nach Carolyn Taylor vor, erläutere ihre Relevanz für mittelständische und große Unternehmen und zeige, wie Sie die Archetypen zu einer tragfähigen Zielkultur kombinieren. Sie erfahren, warum man selten mehr als zwei bis drei Archetypen braucht, wie eine externe Ist-Analyse verborgene Blockaden aufdeckt und welche Rollen Geschäftsführung, Führungskräfte und Culture Champions beim Verankern des Wandels spielen. Ein Praxisbeispiel belegt, dass eine archetypen­gestützte Kulturtransformation messbare Ergebnisse liefert – von höherem Engagement bis zur schnelleren Markteinführung neuer Produkte.

Einleitung

Strategien lassen sich heute beinahe im Wochentakt entwickeln; Kulturen dagegen wachsen oft in Jahrzehnten. Genau hier liegt die sprichwörtliche Falle: Wenn die gewachsene Kultur die neue Strategie nicht unterstützt, wird sie sie – frei nach Peter Drucker – „zum Frühstück verspeisen“. Doch wie macht man Kultur greifbar? Carolyn Taylor, Gründerin der Beratung Walking the Talk, hat aus hunderten Projekten sechs wiederkehrende Kultur­archetypen destilliert. Sie funktionieren wie Grundfarben: Aus ihrer Mischung entsteht das individuelle Farbspektrum einer Organisation. Der große Vorteil: Archetypen sind anschaulich, leicht kommunizierbar und liefern konkrete Verhaltensmuster, an denen man Fortschritt messen kann.

1 | Wozu Archetypen – und wann?

Archetypen geben Mitarbeitern sofort ein Bild davon, wohin sich die Organisation entwickeln will. Komplexe Wertelisten lassen sich auf zwei oder drei Kern­orientierungen verdichten. Das spart nicht nur Zeit in Workshops, sondern beschleunigt Entscheidungen im Alltag. In jedem Kulturwandel-Projekt ist der ideale Zeitpunkt für die Arbeit mit Archetypen erreicht, sobald Strategie und Vision klar sind. Dann lautet die Frage: Welche Kultur hilft uns, diese Strategie umzusetzen? Erst nach der Definition der Zielkultur folgt die ehrliche Analyse der Ist-Kultur – und genau dort zeigt sich oft, wie weit Anspruch und Realität auseinander liegen.

2 | Die sechs Kultur­archetypen im Überblick

Um die sechs Archetypen einzuordnen, hilft eine kompakte Gegenüberstellung:

ArchetypKernausrichtungTypische VerhaltensmusterBeispiele
Kunden­orientierungDenken und Handeln vom Kunden herFeedbackschleifen, einfache Prozesse, Service-ExzellenzDM, TUI
Innovations­orientierungExperimentieren und LernenRisikobereitschaft, Fehlertoleranz, schnelle PrototypenBosch, viele Tech-Start-ups
One TeamGemeinsamer Erfolg statt SilosTransparenz, bereichsübergreifende Hilfe, flache HierarchienSAP
Mitarbeiter­orientierungMenschen im MittelpunktWork-Life-Balance, Diversity, individuelle Förderungdiverse „Great Place to Work“-Gewinner
Ergebnis­orientierungKlare Kennzahlen und Effizienzharte Ziele, Performance-Management, KostenbewusstseinVolkswagen, Siemens
NachhaltigkeitVerantwortung für Gesellschaft & UmweltLangfristdenken, Purpose, ganzheitliche EntscheidungenWeleda, Patagonia

Jeder Archetyp bringt ein eigenes Set an Ritualen, Kennzahlen und Führungs­prinzipien mit. Reinformen sind selten, Mischungen dagegen die Regel.

3 | Warum weniger mehr ist

Versucht ein Unternehmen, alle sechs Archetypen gleichzeitig hochzufahren, werden Botschaften widersprüchlich. Die Praxis zeigt: Zwei primäre und maximal ein ergänzender Archetyp genügen, um eine scharfe kulturelle Kante zu definieren. Ein FinTech etwa kombiniert häufig Innovations- und Ergebnis­orientierung. Ein traditioneller Mittelständler, der den Service stärken will, mischt Kunden­orientierung mit One Team. Entscheidend ist, dass die Kombination zur Strategie passt und nicht auf Wunschlisten basiert.

4 | Ist-Analyse: Schonungslos, aber befreiend

Nachdem die Zielkultur skizziert ist, folgt die Vermessung des Status quo. Interviews, Fokusgruppen, Shadowing und Kultur-Surveys decken auf, welche Muster tatsächlich gelebt werden. Eine externe Moderation schützt vor Betriebs­blindheit und Tabus. In vielen Projekten zeigt sich etwa eine Dominanz der Ergebnis­orientierung, während Kunden- oder Mitarbeiter­orientierung nur auf dem Papier existieren. Erst dieser schonungs­lose Spiegel legt offen, wo die Geschäftsführung und die Führungskräfte ansetzen müssen.

5 | Vom Konzept zur Praxis: Übersetzen statt verordnen

Ein Archetyp wird erst lebendig, wenn jede Einheit beantwortet: Was bedeutet Kunden­orientierung in unserem Bereich konkret? Geschichten, Quick Wins und symbolische Entscheidungen helfen, das neue Verhalten zu verankern. Beispiel: Ein Service-Team führt eine „48-Stunden-Feedback-Garantie“ ein; ein Innovations-Cluster startet monatliche „Fail-Fast-Fridays“, an denen man Lernerfolge aus gescheiterten Experimenten feiert. Je greifbarer solche Rituale, desto schneller setzt der kulturelle Lerneffekt ein.

6 | Rollen und Hebel im Wandel

Die Geschäftsführung dient als Taktgeber. Ihr Verhalten signalisiert, ob der Wandel ernst gemeint ist. Führungskräfte im mittleren Management übersetzen die Kultur in Alltagspraxis – sie sind Multiplikatoren, Mentoren und Kontrolleur zugleich. Culture Champions wiederum, ausgewählte Mitarbeitende mit hohem informellem Einfluss, bringen Bottom-up-Energie ins Spiel. Sie sammeln Feedback, treiben Pilot­projekte und verstärken positive Beispiele in der Organisation. Ein klares Kommunikations-Framework verbindet alle Ebenen: kurze Updates, sichtbare Kennzahlen und Storytelling über reale Erfolge.

7 | Erfolgsstory aus dem Mittelstand

Ein 250-Mann-Automations­spezialist entschied sich für die Kombination aus Innovations­orientierung und One Team. Die Ist-Analyse zeigte hingegen eine starke Ergebnis­orientierung und ausgeprägte Silos. Nach acht Monaten Kultur­arbeit – inklusive zwölf geschulter Culture Champions, cross­funktionalen Hackathons und konsequentem Führungs-Feedback – hatte sich die Zahl neuer Produktideen verdoppelt. Der Time-to-Market sank um 20 Prozent, die Fluktuation im Engineering halbierte sich. Das Beispiel belegt, dass archetypen­basierte Kulturarbeit nicht nur weiche Effekte hat, sondern harte Geschäfts­kennzahlen positiv beeinflusst.

Fazit

Kultur­archetypen sind kein akademisches Spielzeug, sondern ein schlagkräftiges Werkzeug, um Strategie und Kultur zu synchronisieren. Wer zwei bis drei passende Archetypen wählt, sie konsequent in den Alltag übersetzt und Fortschritte transparent macht, schafft Klarheit, beschleunigt Entscheidungen und steigert Engagement. Der Schlüssel liegt im Zusammenspiel aus klarer Zielkultur, externer Ist-Analyse und mutigen Culture Champions. So wird der Wandel vom schicken Poster zum gelebten Wettbewerbs­vorteil.

Mit besten Grüßen,
Ihr Corporate Culture Consultant
Björn Johannsmeier

PS: Möchten Sie wissen, welcher Kultur­archetyp in Ihrem Unternehmen dominiert – und welcher fehlt? Ich unterstütze Sie gern bei der Analyse und beim Design einer Zielkultur, die Ihre Strategie beflügelt. Sichern Sie sich jetzt Ihr unverbindliches Erstgespräch:
Termin vereinbaren →

Hier erfahren Sie mehr über das Thema Kulturentwicklung.