König auf einem Schachbrett stellvertretend für "Strategie"Executive Summary

Die Frage „Strategie oder Kultur – was kommt zuerst?“ beschäftigt viele Unternehmen, besonders wenn neue Führungskräfte das Ruder übernehmen, Märkte sich radikal verändern oder ein Generationswechsel ansteht. In dieser Blog-Ausgabe fasse ich die wichtigsten Erkenntnisse aus Folge #20 des Corporate Culture Podcast zusammen und zeige anhand praxisnaher Beispiele, wie Sie die richtige Reihenfolge – oder Kombination – von Strategie- und Kulturarbeit bestimmen. Sie erfahren, warum Kultur manchmal Strategie buchstäblich „zum Frühstück verspeist“, welche Risiken hinter einem rein strategischen Vorstoß lauern und in welchen Situationen ein Kultur-First-Ansatz die bessere Wahl ist. Außerdem erhalten Sie konkrete Entscheidungskriterien und Handlungsempfehlungen, mit denen Sie Ihre Organisation sowohl zukunftsfähig als auch nachhaltig leistungsfähig aufstellen.

Einleitung

Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade eine Geschäftsführung übernommen, wollen ein neues Marktsegment erschließen oder müssen Ihr Unternehmen durch eine disruptive Technologiekrise führen. Sofort stellt sich die Gretchenfrage: Entwickeln wir zuerst unsere Strategie und passen danach die Kultur an – oder beginnen wir mit einem Kulturwandel, um anschließend eine tragfähige Strategie darauf aufzubauen? Chandler und Mintzberg prägten bereits in den 1960er-Jahren das berühmte Diktum „Structure follows Strategy“. Doch moderne Organisationsforschung – und die gelebte Erfahrung vieler Unternehmen – zeigen, dass Struktur und Kultur untrennbar miteinander verwoben sind. Wenn also „Strategy meets Culture“, entscheidet sich, wer führt und wer folgt.

  1. Strategie trifft Kultur – Begriffe und Zusammenhänge

  • Strategie ist vor allem ein kognitiver Prozess: Marktanalysen, Benchmarking, Positionierung. Sie richtet den Blick nach außen.
  • Kultur spiegelt das Verhalten, die Werte und Artefakte (z. B. Hierarchien, Prozesse, Kommunikationswege) wider – sie wirkt nach innen und ist stark emotional verankert.
  • Struktur ist Ausdruck der Kultur; eine hierarchische Organisation weist auf Top-Down-Führung hin, flache Strukturen auf Empowerment und Kundennähe.
    Weil Kultur oft langsamer wandelt als Strategie, besteht die Gefahr, dass eine ambitionierte Strategie an einer unveränderten Kultur scheitert. Peter Druckers Satz „Culture eats Strategy for breakfast“ bringt es auf den Punkt.
  1. Vorteile des Strategie-First-Ansatzes

  1. Disruptives Denken: Durch den kognitiven Blick über den Tellerrand entstehen Green-Field-Ideen, die ohne kulturelle „Scheuklappen“ möglich sind.
  2. Externer Fokus: Markttrends, Wettbewerber und Kundenbedürfnisse stehen im Mittelpunkt.
  3. Klare Orientierung: Ist die Richtung definiert, lassen sich Struktur- und Kulturmaßnahmen nachvollziehbar begründen.
    Risiken:
    Eine Strategie, die weit von bestehenden Werten entfernt ist, bleibt Theorie.
    Mitarbeiter verlieren Vertrauen, Leistungsträger springen ab – besonders wenn externe Berater strategische Paradigmenwechsel verordnen, ohne die kulturelle Machbarkeit zu prüfen.
  1. Vorteile des Kultur-First-Ansatzes

  1. Hohe Akzeptanz: Mitarbeitende gestalten aktiv mit, was Motivation und Bindung stärkt.
  2. Starkes Trägermedium: Eine gemeinsam entwickelte Kultur trägt fast jede spätere Strategie.
  3. Schnelleres „Doing“: Verhaltensänderungen zeigen früh Wirkung, z. B. bessere Zusammenarbeit oder geringere Fluktuation.
    Risiken:
    Der strategische Horizont kann enger werden; radikale Kurswechsel passen schwerer zu frisch gefestigten Werten.
    Kulturwandel dauert; schnelle Marktentwicklungen dulden jedoch keinen Aufschub.
    Ohne überzeugendes Narrativ („Wofür das Ganze?“) ermüdet das Engagement.
  1. Wann Strategie zuerst?

  • Hohe Marktvolatilität: Digitalisierung, neue Wettbewerber oder disruptive Technologien erzwingen rasche Kursänderungen.
  • Schwache Marktposition: Wenn das Geschäftsmodell an Relevanz verliert, braucht es einen durchdachten Neustart.
  • Klare Produkt-/Wachstums­entscheidungen: Beispiel Elektromobilität – Autohäuser mussten früh entscheiden, ob sie nun reine E-Marken (weiter-)führen oder Verbrenner-Alternativen anbieten.
  • Zeitkritische Weichenstellungen: Wer zu lange zaudert, riskiert den Anschluss.
  1. Wann Kultur zuerst?

  • Strategie vorhanden, aber nicht gelebt: Die Richtung stimmt, doch Silodenken, hohe Fluktuation oder Krankenstände bremsen Umsetzung.
  • Schlechte interne Zusammenarbeit: Bevor Mitarbeitende eine neue Strategie ernst nehmen, müssen alte Konflikte gelöst werden.
  • Fusionen: Zwei Kulturen zusammenzuführen schafft erst die Basis für eine gemeinsame Strategie.
  • Hierarchie abbauen: Wer Selbstverantwortung fordert, muss zunächst die Kultur von Top-Down auf Empowerment umstellen.
  1. Wann beides zeitnah?

  • Generations- oder Führungswechsel: Neue Geschäftsführung = neue Vision + neue Spielregeln.
  • Starkes Wachstum oder tiefe Krise: Nach extremen Phasen sollten Strategie und Kultur gemeinsam neu tariert werden.
  • Radikale Marktveränderungen bei knapper Zeit: Hier hilft häufig ein „Dual Track“ – Strategie definieren und parallel interne „Quick Wins“ in der Kultur anstoßen.
  1. Praxisbeispiel: Kultur-First im Mittelstand

In meinen zahlreich begleiteten Transformationen in Autohäusern starteten wir mit Kulturarbeit:

  • Jahr 1: Mitarbeitendenbindung stärken, Zusammenarbeit verbessern.
  • Jahr 2: Off-Site-Strategieworkshop auf Basis der neuen Kultur – Fokus auf Customer Experience.
    Ergebnis: höhere Servicequalität, Preispremium am Markt und eine Belegschaft, die die Strategie aktiv trägt.
  1. Entscheidungskriterien für Ihren Weg

  1. Marktdruck vs. interne Reibung – Wo brennt’s mehr?
  2. Zeitfenster – Wie schnell müssen Ergebnisse sichtbar sein?
  3. Kulturelle Ausgangslage – Passen Werte und Verhalten zur (geplanten) Strategie?
  4. Ressourcen – Haben Sie die Kapazität, beides gleichzeitig anzupacken?
  5. Verlustängste – Wie hoch ist das Risiko, Schlüsselpersonen zu verlieren?
    Diese Fragen helfen, eine bewusste Wahl zu treffen, statt reflexartig der einen oder anderen „Schulmeinung“ zu folgen.

Fazit

Es gibt selten ein pauschales Richtig oder Falsch. Entscheidend ist, bewusst zu entscheiden, ob Strategie oder Kultur (oder beides parallel) im Vordergrund stehen muss. Eine Strategie, die die kulturelle Realität ignoriert, scheitert fast zwangsläufig; eine Kulturinitiative ohne strategische Stoßrichtung verliert an Schwung. Prüfen Sie deshalb nüchtern, welche Vorgehensweise Ihrem Marktumfeld, Ihrer internen Situation und Ihrem Zeitrahmen am besten entspricht. Wenn Sie dabei Unterstützung benötigen – sei es bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Strategie, beim Kulturwandel oder bei der Verzahnung beider Ebenen – stehe ich Ihnen gerne als Sparringspartner zur Seite.

Ihr Corporate Culture Consultant,
Stressmanagement-Trainer &
Executive Coach

Björn Johannsmeier

PS: Wenn Sie Ihre Strategie und Kultur wirksam verzahnen möchten, unterstütze ich Sie gern. Hier finden Sie Details zu meiner Kulturentwicklungs-Begleitung. Alternativ können Sie hier gleich einen Termin für ein kostenloses Erstgespräch buchen.